Heimatvertriebene, Flüchtlinge, Spätaussiedler

Die Materialien unterstützen Lehrkräfte bei derPlanung und Durchführung von Wissenschaftspropädeutischen Seminaren und Projektseminaren an Gymnasien. Der Materialpool wird laufend erweitert und richtet sich an alle Schularten.
1. Materialien für die Planung und Durchführung von Seminaren der gymnasialen Oberstufe
Mindestens jeder vierte bayerische Schüler hat Vorfahren, die in früheren ostdeutschen Gebieten oder in deutschen Siedlungsräumen im Osten oder Südosten Europas lebten. Davon ausgehend befasst sich dieses W-Seminar mit den großen Siedlungsbewegungen des Mittelalters. Sie haben Menschen von West nach Ost gebracht und vielfältige kulturelle Spuren hinterlassen. An ausgewählten Beispielen geht es um die Gründung von Klöstern, Städten, Dörfern, Burgen und anderen Herrschaftssitzen, um die Entfaltung urbaner Kultur und Innovationen in Landwirtschaft, Bergbau und Gewerbe. In räumlicher Hinsicht werden die Erschließung des Ostseeraumes in Preußen und Livland, die Besiedelung des Karpatenbogens, der Landesausbau Böhmens und Schlesiens thematisiert, wobei in Schlesien eine bayerische Grafentochter eine wichtige Rolle spielte. Immer wieder werden sich in dem Seminar Bezüge zu Bayern und zur Gegenwart einstellen – bis hinein in manche Familiengeschichte.
Wenn Spätaussiedler im schulischen Alltag in Erscheinung treten, dann vielfach als „Russen“ und oft als Problemfälle. Es liegt auf der Hand, dass dies ein Zerrbild ist. Der heutigen Schülergeneration fehlen das Wissen und das Verständnis, warum und mit welchem Recht diese Menschen nach Deutschland gekommen sind. Das W-Seminar im Fach Geschichte (ggf. Sozialkunde) kann dazu beitragen, diese Lücken zu schließen. Der thematische Bogen führt von der historische Ostsiedlung, über Flucht, Vertreibung und Deportation im und infolge des Zweiten Weltkrieges; ferner geht es um die unterschiedlichen Lebensverhältnisse der verschiedenen Gruppen deutscher Minderheiten in den Ostblockstaaten. Der Kreis schließt sich in Deutschland, indem die Situation dieser Gruppen als Spätaussiedler betrachtet wird.
Die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ (George F. Kennan), der Erste Weltkrieg, brachte auch für die in Osteuropa ansässigen Deutschen dramatische Änderungen. Die im Frieden von Brest-Litowsk, im Versailler Vertrag und in den Pariser Vorortverträgen niedergelegte territoriale Neuordnung bedeutete für viele eine neue staatliche Zugehörigkeit und den Status einer Minderheit.
Die hier angebotenen Unterrichtsmaterialien eignen sich vor allem für den Geschichtsunterricht in der Mittel- und Oberstufe, können jedoch auch bei Projekten zum Einsatz kommen.
Flucht, Vertreibung und Deportation
Vielen Schülerinnen und Schülern ist weder bewusst, wie groß die Zahl der Heimatvertriebenen ist, die in Bayern eine neue Heimat gefunden haben, noch haben sie eine Vorstellung vom Schicksal dieser Menschen. Die hier vorgestellten Materialen bieten die Möglichkeit, diese Lücken im Geschichtsunterricht zu schließen. Sie beleuchten die Schickale der unterschiedlichen Gruppen, wobei der zeitliche Fokus auf der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg liegt. Auch sie richten sich eher an ältere Lerner. Sie lassen sich flexibel einsetzen.
Zeitzeugeninterviews
Das Beispiel der Integration der deutschen Vertriebenen und Flüchtlinge sowie der Aussiedler und Spätaussiedler nach 1945 in Bayern bietet die Möglichkeit, alle Ebenen einer gelungenen Integration sowohl von einem soziologischen, wirtschaftlichen, kulturellen als auch psychologischen Standpunkt aus zu betrachten. Dieses vielschichtige Thema ermöglicht dabei sowohl historische als auch aktuelle Bezüge. Zeitzeugenberichte wie die folgenden ausgewählten zeigen zum einen die anfänglichen Schwierigkeiten im Hinblick auf unterschiedliche Konfessionen, Traditionen oder Gegensätze zwischen Stadt und Land auf, verdeutlichen zum anderen aber auch die Faktoren, die das Gelingen der Integration besonders unterstützt haben. Dazu gehören zum Beispiel die wirtschaftliche Integration insbesondere in den 50er Jahren, die gemeinsame deutsche Sprache sowie politische Maßnahmen wie das Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz von 1953. Die Aussagen der Zeitzeugen verdeutlichen außerdem, welche Leistungen und Anstrengungen sowohl von den Vertriebenen und Flüchtlingen als auch von der einheimischen Bevölkerung erbracht wurden. - Patricia Erkenberg und Susanne Mäckl für den Arbeitskreis "Kultur, Geschichte, Schicksal und Leistung deutscher Heimatvertriebener, Flüchtlinge und Spätaussiedler"
Filmdokumente
Für die Verwendung im Unterricht bieten sich auch verfilmte Zeitzeugeninterviews und Dokumentationen an.
Ein Interview mit Marianne Lerch (Zeitzeugenprojekt Sudetenland; 8:15 min), die als Zwanzigjährige 1946 aus Marienbad vertrieben wurde und in der Nähe von Traunstein eine neue Heimat fand, ist in der Mediathek von mebis zu finden - und für Lehrkräfte frei verfügbar.
Ein Interview mit Marianne Lerch (Zeitzeugenprojekt Sudetenland; 8:15 min), die als Zwanzigjährige 1946 aus Marienbad vertrieben wurde und in der Nähe von Traunstein eine neue Heimat fand, ist in der Mediathek von mebis zu finden - und für Lehrkräfte frei verfügbar.
